Vor Kurzem haben Sie einen Review1 zum Thema „Zwanzig Jahre Schmelzmatrixderivat: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“ geschrieben. Können Sie uns etwas über sich erzählen und uns sagen, wie es dazu kam, dass Sie einen Review zu diesem Thema veröffentlicht haben?
Anfang 2017 habe ich angefangen, an einem vom ITI finanzierten Projekt an der University of Western Ontario (Labor von Douglas Hamilton in London, Kanada) zu arbeiten. Zweck des Projekts war es, die Rolle der Adsorption von Schmelzmatrixproteinen auf verschiedenen Titanimplantatoberflächen, einschliesslich glatter, SLA- und SLActive-Oberflächen, zu untersuchen. Im Gegensatz zu vielen Behandlern, die das handelsübliche Emdogain-Gel für die Patientenbehandlung verwenden, kam ich in dieser In-vitro-Studie zum ersten Mal mit Schmelzmatrixderivat (Enamel Matrix Derivative, EMD) in Kontakt. Im Anschluss daran bot mir die kanadische Regierung die grossartige Möglichkeit, an einer Universität meiner Wahl einen PhD zu erwerben. Natürlich wollte ich mich an einige der besten akademischen Forscher halten, die auf dem Gebiet der Implantatoberflächen mit EMD arbeiten. Anton Sculean war einer der wichtigsten klinischen Forscher auf dem Gebiet und vor Kurzem Direktor der Klinik für Parodontologie an der Universität Bern in der Schweiz geworden. Daher entschied ich mich 2009, in die Schweiz zu gehen, um Teil seines Teams zu sein. Im Laufe der Jahre haben wir zusammen mit Dieter Bosshardt über 20 wissenschaftliche Artikel veröffentlicht und arbeiten bei diesem Thema auch weiterhin eng zusammen. Seit März 2016 bin ich wieder in Nordamerika und arbeite an der Abteilung für Parodontologie der Nova Southeastern University in Fort Lauderdale, Florida. Einer der Forschungsschwerpunkte in meinem Labor bleibt EMD.
2015 kam bei der EuroPerio eine Expertengruppe zusammen, um über die nunmehr 20 Jahre Forschung mit Emdogain zu diskutieren. Als Teilnehmer an der Zeremonie und den Gesprächen hatte ich das Glück, gefragt zu werden, einen zusammenfassenden Übersichtsartikel zu dem Thema zu schreiben, der die letzten 20 Jahre Forschung zu EMD mit unserer Gruppe in Bern erfasst. Natürlich sollten wir alle führenden Forscher berücksichtigen, die in den letzten 20 Jahren zum Gebiet der Schmelzmatrixproteine1 beigetragen haben. Glücklicherweise konnten wir die Arbeit vor wenigen Monaten im Journal of Clinical Periodontology veröffentlichen. Von unseren Mitarbeitern und Kollegen auf der ganzen Welt wurde sie hervorragend aufgenommen.
Welche Rolle spielt Emdogain® auf dem Gebiet der parodontalen Regeneration?
Um diese Frage zu beantworten, ist es erst einmal wichtig zu verstehen, wie Schmelzmatrixproteine in einer frühen Phase der Embryogenese natürlich auf der Wurzeloberfläche abgelagert werden. Vor über 20 Jahren fand ein Forscherteam in Schweden, zu dem Lars Hammarström, Sven Lindskog und Leif Blomloff gehörten, bei der Untersuchung der Wurzelbildung heraus, dass Schmelzmatrixproteine als zur parodontalen Regeneration fähige biologische Arbeitsstoffe verwendet werden könnten. Diese Berichte stammten jedoch aus früheren Studien, die etwa 15 Jahre vorher von Lindskog et al. und Slavkin et al. durchgeführt worden waren. Sie berichteten, dass bestimmte Schmelzmatrixproteine (die bis dahin als schmelzspezifische Proteine betrachtet worden waren) vor der Zementbildung auf der Oberfläche sich entwickelnder Zahnwurzeln abgelagert werden, und stellten zu ihrer möglichen Rolle bei der Zementogenese Hypothesen auf. Die Rolle von Emdogain besteht daher darin, die natürliche Bildung der Wurzeloberfläche nachzuahmen. Schmelzmatrixproteine (die hauptsächlich aus Amelogeninproteinen bestehen) sind wichtig für die Ausbildung eines funktionellen Parodontalligaments, das über Sharpey-Fasern mit dem Bündelknochen der Alveole und dem während der Embryogenese neu gebildeten Wurzelzement verbunden ist. Die Verwendung von Emdogain wurde für Fälle, bei denen klinisch ein Attachmentverlust beobachtet wurde, zur Nachahmung dieses natürlichen Vorgangs formuliert. Aus diesem Grund und dank seiner ausgezeichneten Dokumentation kann Emdogain als eines der einzigen regenerativen Modalitäten verwendet werden, die eine echte Regeneration des Parodontiums bewirken, da sie einen durch histologische Ergebnisse beim Menschen gestützten Regenerationsprozess einleiten. Heute wurden mit Emdogain eine Reihe klinischer Indikationen durchgeführt, insbesondere Regeneration intraossärer Defekte mit/ohne Knochentransplantate, Rezessionsdeckung, Regeneration von Furkationsdefekten der Klasse II und Weichgewebeheilung.